Spielbericht von Handball-World

Auf und Ab im Derby: FAG schlägt HBW

Eine interessante Partie sahen die 2.300 Zuschauer in der Sparkassen Arena in Balingen, beim Stand von 30:24 schien der Favorit aus Göppingen den erwarteten Sieg bereits in der Tasche zu haben, doch Balingen läutete eine beeindruckende Aufholjagd ein. Aber auch zwei Tore in der Schlußminute reichten am Ende nicht mehr, Göppingen rettete ein 33:32 über die Ziellinie. Göppingen verbesserte sich in der Tabelle damit auf den dritten Platz, Balingen bleibt mit weiterhin 2:18 Punkten am Tabellenende. In zehn Spielen stehen dabei allerdings lediglich -26 Tore zu Buche. Bester Werfer der Partie war Lars Kaufmann mit elf Toren, für Balingen erzielte Benjamin Herth 8/5 Tore.

Wenn der Tabellendritte beim Vorletzten antritt, dann glaubt man mit dem Blick nur auf die Tabelle nicht an allzu große Spannung, die Rollen sind klar verteilt: Krasser Außenseiter trifft auf haushohen Favorit. Im Duell Balingen gegen Göppingen kommt jedoch die regionale Komponente hinzu, sind doch die Beiden die württembergischen Handball-Aushängeschilder. Und: "David" Balingen gewann die letzten beiden Heimvergleiche. Alles erwartete deshalb ein auf eigene Gesetze hörendes Derby mit viel Einsatz, Spannung und Dramatik auf dem Feld und auf der Bank. Die Balinger Sparkassenarena war fast ausverkauft. Nur einige sichtbeschränkte Stehplätze blieben ungenutzt an diesem Abend.

Frisch Auf! Göppingen, die bisherige Positiv-Überraschungsmannschaft der Saison, hat vor einer Woche gegen den bis dahin ungeschlagenen HSV gemeinsam überzeugt. HBW Balingen hat in den bisherigen Spielen nur 2 von 18 Punkten geholt und ist nur aufgrund der besseren Tordifferenz aktuell nicht das Schlusslicht des Oberhauses. Auf beiden Seiten fehlen einige wichtige Alternativen. Balingens Hallensprecher verkündete mögliche Einsatzzeiten von Perspektivspielern der 2. Mannschaft (Zank und Keinath), weil auch die Alternative Temelkow für ausfiel.

Die Schiedsrichter Damian und Wenz fanden eine gute Linie in der von Beginn an mit hohem Einsatz geführten Partie. Trotz Anwurf Göppingen gelang Balingen der erste Treffer der Partie. Dann jedoch glich Frisch Auf! aus und legte vor. Bis zum 4:4 (6.) schaffte Balingen das Pari, danach spielte Göppingen schnell eine Drei-Tore-Führung heraus. Über 4:7-9., 5:8, 6:9 ließ Balingen die Anschlusschance nach dem 7:9 (12.) ungenutzt. Göppingen ließ sich auch von zwei nicht verwerteten Strafwürfen (Haaß und Schweickardt scheitern an Latte und Keeper) nicht zurückwerfen. Die Abwehr steht - sechs Minuten ohne Gegentor und schon stand es 7:12. Vor allem Kaufmann wackelte seine Gegenspieler aus, der Ball zappelte wenig später im Netz. Nach einem Herth-Strafwurftor überwand dann auch Haaß Marinovic vom Punkt, es stand 8:13.

Eine Zeitstrafe von Kaufmann nach Gesichtstreffer gegen Müller leitete die erste Aufholjagd der Hausherren ein. Wilke spielte sich frei und traf wenig später dreifach, die nächste Zeitstrafe traf Kreisarbeiter Späth. Göppingens Trainer nahm die Auszeit, nach der sich Haaß sich zum 11:14 durch wuselte. Dazu musste Sauer zwei Minuten raus. Balingen zeigte weiter Moral. In schneller Folge müssen Thiede und erneut Kaufmann auf der Gästebank zwangspausieren. Das Balinger Überzahlspiel überzeugt, Sauer gelang in Minute 27 die viel umjubelte 15:14-Führung für die Hausherren. Kaufmanns Ausgleich folgt Strobels Tor vom Kreis, es folgen viele Fehler auf beiden Seiten. 35 Sekunden sind noch zu spielen, da bat auch Dr. Brack zur Beratungsminute und brachte den siebten Feldspieler. Allerdings vergeblich: Zu früh wird nicht erfolgreich abgeschlossen. Strobel sieht so auch noch zwei erhobene Finger und zusätzlich bietet sich Haaß die nächste Chance vom Punkt. Sein Wurf landet am Pfosten und der Außenseiter nimmt das 16:15 mit in die Pause.

In Abschnitt 2 wiederholte sich das Geschehen: Auch Balingen verwirft den Auftakt. Der etwas benommene Ilitsch liegt noch am Boden, da macht der schnell schaltende Schweickardt in Minute 32 auf der Gegenseite den 16:16-Ausgleich. Thiede legt nach und Göppingen in der Folge wieder vor. Eine kleine Privatfehde zwischen Ettwein und Thiede endet mit Zeitstrafen für beide Streithähne. Bis zum nächsten Herth-Siebenmetertor (19:20-38.) blieb es nun eng. Dann läutete die Zeitstrafe gegen Ilitsch zahlreiche Überzahlsituationen für die Gäste ein. Nur Wilke kann die schnelle Torfolge trotz doppelter Unterzahl unterbrechen. Nach dem 20:27-Rückstand bleibt Balingen nur noch mehr Mut zum Risiko. Auf die offensive mannbezogene 3:3-Abwehrformation von Dr. Brack folgt die sofortige Auszeit und die Neueinstellungsmaßnahme von Petkovic. Die darauf folgende 4:2-Deckung gegen Kaufmann und Haaß nutzte Thiede zum nächsten Torjubel.

Im Angriff versuchte es auch Balingen wie in der Vorwoche der HSV bei Frisch Auf! mit dem siebten Feldspieler. Tahirovic pariert einen Herth-Strafwurf, ist jedoch beim Nachwurf geschlagen. Gut zehn Minuten sind noch zu spielen, als Spielgestalter Haaß beim 22:29 die erneute Sieben-Tore-Führung gelingt. Was dann folgt, unterscheidet seine gute Mannschaft noch von einer echten Spitzenmannschaft, räumte Velimir Petkovic im Nachgang in der Pressekonferenz ein. Ilitsch und Herth verkürzen auf fünf: 24:29 (51.), Sauer auf vier: 26:30 (53.), Ilitsch auf drei: 29:32 (58.), Strobel gar auf zwei: 30:32 (59.). Aber die Zeit läuft den Balingern davon und der sichere Thiede macht mit gutem Auge das wichtige 30:33. Schnell traf auch Strobel, Balingen erwartete Göppingen längst an der Mittellinie zur Manndeckung. Späth musste mit Zeitstrafe von draußen zusehen, wie Herth auch beim 32:33 vom Punkt erfolgreich war. Thiede scheiterte am in der 2. Halbzeit stark verbesserten Marinovic und dann verrinnen die Schlusssekunden ohne Wurfchance für den Außenseiter.

Tolle Geste der Zuschauer: Göppingen feiert den Sieg und die Punkte 15 und 16, jedoch erhalten auch die Balinger Akteure die verdiente Würdigung, Standing Ovations und einen tollen Auszug, bevor die Göppinger das Täterä gemeinsam mit ihrer Fankurve anstimmen. Ein tolles Spiel, ein packendes Derby, ein taktisch hochspannendes und mit sehr ungleichen Voraussetzungen begonnenes Spiel ging dramatisch zu Ende. Ein Tor und damit nur eine Kleinigkeit fehlt dem Gastgeber zur echten Belohnung. Wieder war es ein enges Spiel zwischen beiden Lokalrivalen. So war Gästecoach Petkovic sehr zufrieden mit dem Ergebnis und fährt mit seiner guten, aber noch nicht Spitzen-Mannschaft, mit breiter Brust nach Porto. Hochschuldozent Dr. Brack analysierte in der Pressekonferenz mögliche Gründe für die Niederlage.

Mehr Paraden von Marinovic verpufften, weil 11 Bälle erneut beim Gegner landeten. Kaufmann und Haaß allein waren in Wetzlar und Minden vom Gegner in den Griff zu bekommen. In Kombination griff die raumbezogene 3:2:1-Deckung der Balinger jedoch zu oft nicht. Deshalb musste die Umstellung auf "Harakiri" erfolgen und brachte Balingen verbunden mit dem siebten Feldspieler zurück ins Spiel. Neun Tempogegenstöße seien eben einer zu wenig, außerdem erhielt man deutlich mehr Zeitstrafen als in den bisherigen Saisonspielen. Die "dumme" von Hoic durch zu frühes Heraustreten beim Freiwurf sei besonders augenscheinlich, so Brack. Ein passabler Rückraumwerfer allein hätte wohl gereicht. So routierten die Balinger zwar ständig auf den Positionen, wechselten häufig, ohne jedoch dadurch mehr Druck aus dem Rückraum zu erzeugen. Ganz anders zeigte sich die Göppinger Achse "Kaufmann Haaß Thiede", die so eingespielt auch für den Bundestrainer langsam zur Blockwechsel-Alternative wird. Dazu ein Manuel Späth mit vielen guten Aktionen im Mittelblock und auch im Angriff. Auf der Gegenseite überzeugten der am Punkt sichere Herth, der phänomenale Wilke und der sich ins Spiel steigernde Marinovic im Kasten.

Bizerba Blickle Stumpp
Sparkasse DAK Bentley Edeka Südwest Marquardt Medizintechnik Elco LS Medcap Kempa Artivion