Spielbericht des HBW-Pressedienstes

Gallier liefern dem THW Kiel einen Pokalfight auf Augenhöhe

Der Traum vom nächsten Lidl Final4 in Köln ist für die Gallier am Mittwochabend erwartungsgemäß geplatzt. Aber was war das für ein Pokalfight, den der HBW Balingen-Weilstetten dem haushohen Favoriten und Pokalverteidiger THW Kiel in der ausverkauften MEY GENERALBAU ARENA geboten hat. Wie im Vorfeld angedroht, haben die Balinger dem THW nichts geschenkt. Trotz der 36:41(17:21)-Niederlage wurde die Mannschaft von den Fans nach dem Schlusspfiff mit stehenden Ovationen in die Kabine verabschiedet.

Gallier starten mutig gegen den Rekordmeister

Ein sichtlich erleichterter THW-Trainer Filip Jicha meinte nach dem Spiel in der Pressekonferenz: „Ich mag diese Halle, ich mag diese Emotionen, und dass ich hier an einem 23. Dezember (redaktionelle Anmerkung: es war 2009) einmal verloren habe, sitzt tief in mir. Deshalb werde ich jede Mannschaft, mit der ich nach Balingen komme, immer super, super vorbereiten.“ Viel Zeit hatte der Zebra-Trainer dafür nicht, und trotzdem gingen fast alle der Zuschauer in der MEY GENERALBAU ARENA davon aus, dass der amtierende Pokalgewinner in Balingen kurzen Prozess machen würde: fünfzehn Minuten Vollgas, sicheren Vorsprung herausspielen und danach die Führung mit möglichst wenig Kraftverschwendung über die Bühne bringen.

Starke erste Hälfte trotz Rückstand

So einfach haben es die Gallier dem THW allerdings nicht gemacht. Obwohl Nationaltorhüter Andreas Wolff von Anfang an sein Ausnahmekönnen unter Beweis stellte, konnte der verletzungsbedingt ausgedünnte Kader der Balinger die Partie zunächst völlig offen gestalten. Erst in der 13. Spielminute konnte der Favorit beim 8:6 die erste Zwei-Tore-Führung herauswerfen – und brauchte dazu auch noch eine Überzahl. Bis zum Pausenpfiff erarbeiteten sich die Nordlichter eine solide 21:17-Führung, aber souverän wirkte das alles nicht.

Die Arena kocht – Gallier übernehmen die Führung 

Zu Beginn der zweiten dreißig Minuten nutzte der THW eine Überzahl und erhöhte mit einem sehenswerten Kempa-Treffer auf 22:17. Trotz des deutlichen Rückstands hatte die Stimmung ihren ersten Siedepunkt erreicht. Die Zuschauer stimmten immer wieder gellende Pfeifkonzerte an, die den beiden Unparteiischen galten. Sie waren mit einigen Entscheidungen von Kern/Kuschel überhaupt nicht einverstanden. Die Mannschaft von Trainer Matthias „Matti“ Flohr sog die Stimmung in sich auf und ließ sich von ihr tragen. Die Abwehr des Underdogs wurde griffiger, und die Kieler Angreifer taten sich zunehmend schwerer, zum Torerfolg zu kommen. Hinter der Abwehr wurde der Ex-Kieler Magnus Bierfreund im Tor der Gallier mehr und mehr zum Faktor. Als der Balinger Nachwuchskeeper in der 38. Spielminute nach einer eigenen Parade einen Sensationspass auf Sascha Pfattheicher über das gesamte Spielfeld an den Mann brachte und dieser auf der anderen Seite Kiels Torhüter Wolff keine Chance ließ, musste man um das Hallendach fürchten. Die Zuschauer tobten und feierten die Gallier, dass man das eigene Wort nicht mehr verstand.

 

Kiels Trainer war gezwungen, seine zweite Auszeit zu nehmen – und die hatte es in sich. Selten hatte man den Tschechen so aufgebracht gesehen. Er faltet seine Mannschaft so lautstark zusammen, dass es ihm fast die Stimme überschlug, und brachte nach der Auszeit seinen bis dahin aufgrund einer Verletzung geschonten Spielmacher Elias Ellefsen á Skipagötu. Der Partie konnte er damit zunächst aber keine Wendung geben. Die Gallier waren am Drücker und hatten die Kieler im Griff. Nach einer erneuten Bierfreund-Parade erzielte Sascha Pfattheicher die erste Balinger Führung. Die Kieler versuchten ihr Glück mit dem siebten Feldspieler, und Pfattheicher sah, dass das THW-Gehäuse verwaist war. Vom eigenen Wurfkreis landete der Ball zum 27:26 in den Maschen des Favoriten.

Knapp zwei Minuten später wurden Erinnerungen an den Sensationssieg vom 23. Dezember 2009 wach. Spielmacher Yonatan Dayan mogelte sich durch die Kieler Abwehr und traf zum 28:26. Nach einem Treffer von Skipagötu traf der Balinger Spielmacher Dayan im Gegenzug allerdings nur die Latte – und im direkten Gegenstoß war es erneut der Färinger, der für Kiel zum 28:28-Ausgleich traf. In der Kieler Abwehr wurde es für die Gallier jetzt immer schwieriger, durchzukommen. Die Zebras hatten sich die lautstarke Auszeitansprache ihres Trainers zu Herzen genommen. Zwei Mal wurde Tobias Heinzelmann am Kieler Kreis in Freistilringer-Manier zur Seite geräumt, um den Ball nicht zu erreichen – und weil es von den beiden Unparteiischen nicht geahndet wurde, gelangen den Kielern einfache Tore per Tempogegenstoß.

Skipagötu macht den Unterschied

Nach dem 32:29 hatte der Favorit wieder alles im Griff. Skipagötu machte im Angriff den Unterschied. Der Kieler Spielmacher erzielte in den zwanzig Minuten, in denen er auf der Platte stand, insgesamt sieben Treffer, und nach seinem Tor zum 36:32 in der 52. Spielminute war die erste Vorentscheidung gefallen. Die Gallier versuchten zwar nochmals alles, schafften es aber nicht mehr, den Kieler Vorsprung zu verkürzen. Am Ende zogen die Zebras mit einem verdienten 41:36-Erfolg in das DHB-Pokal-Viertelfinale ein, und die Gallier durften sich mit erhobenem Haupt von den Fans in der Balinger MEY GENERALBAU ARENA verabschieden. 

Die Mannschaften

HBW Balingen-Weilstetten: Mateusz Kornecki, Magnus Bierfreund (TW); Mischa Locher2, Mex Raguse3, Bennet Strobel, Tim Grüner1, Till Wente, Lars Bänsch, Elias Fügel4, Daniel Flad, Tobias Heinzelmann8, Sascha Pfattheicher8/3, Yonatan Dayan3, Csaba Leimeter2, Georg Pöhle5, Stefan Bauer:

THW Kiel: Markus Hanns, Andreas Wolff (TW); Domagoj Duvnjak, Harald Reinkind7, Magnus Landin, Jesse Bennett Dahmke, Lukas Laube5, Eric Johansson6, Rasmus Ankermann, Rune Dahmke2, Lukas Zerbe6, Nikola Bilyk4, Elias Ellefsen á Skipagötu7, Bence Imre4, Veron Nacinovic;

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