Spielbericht von Handball-World

Kantersieg: Kiel überrolt Balingen

Erst vier Spiele hat der THW Kiel in der Bundesliga absolviert, aber schon setzt sich der Meister vom Feld ab: Nach dem vierten Sieg in Folge weisen die Zebras mittlerweile ein Torverhältnis von plus 56 aus. Der 40:18 Kantersieg gegen die überforderten Balinger war dabei ein weiterer Baustein. Es dauerte eine Weile, bis der THW ins Rollen kam, Roland Schlinger konnte für die Gäste einmal gar zum 4:3 verkürzen, wenig später rundete Thierry Omeyer mit seinem Torwart-Tor beim 14:5 die erste große Dominanz der Hausherren ab. In der Folge spielte der THW mit den Schwaben Katz und Maus. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten wehrten sich die Gäste, aber weder taktische Maßnahmen noch Kampfgeist konnten die allzu großen Unterschiede auf individueller ebenen zwischen Meister und Abstiegskandidat kompensieren. So sorgte Kiel am Ende durch Marcus Ahlm für Treffer Nummer vierzig und feierte einen ungefährdeten Sieg.

Wenn Balingen gegen Kiel spielt, dann ist das Ergebnis meist schon vorher klar – eine Ausnahme bestätigt bislang die Regel. Und so war THW-Trainer Alfred Gislason nach dem Abpfiff denn auch beinahe fürsorglich gegenüber seinem deprimierten Gegenüber Rolf Brack: „Es tut mir ein bisschen Leid für Rolf, wie das hier heute gelaufen ist. Ich weiß auch von der anderen Seite, wie sich das anfühlt“, sagte Gislason und ergänzte: „Abhaken, das heute war nicht das normale Balingen.“ Tatsächlich hatten die Gäste überhaupt keine Chance, in der Sparkassenarena auch nur ein ordentliches Ergebnis zu erzielen. Zwar mühte sich der THW zu Beginn, brauchte exakt acht Minuten, um nach dem 2:0 das 3:1 nachzulegen – aber die Defensive stand. Und zwar so gut, dass Balingen keine Mittel dagegen hatte.

Was wiederum Rolf Brack wurmte. Der HBW-Coach erwartet absolute taktische Disziplin, um seiner individuell limitierten Mannschaft kollektive Erfolge zu ermöglichen: „Wir haben heute 21 Fehlwürfe gehabt. Das ist nicht ungewöhnlich. Dazu kamen aber 18 technische Fehler - langsam muss es massiv in den Kopf meiner Spieler rein, dass wir uns gute Wurfsituationen erarbeiten müssen und nicht zu früh abschließen dürfen“, grummelte Brack und legte nach: „Ich denke, heute hat auch der letzte gesehen, dass wir nur über die taktische Qualität den Klassenerhalt schaffen können. Und die haben wir heute komplett vermissen lassen.“

Alfred Gislason hatte nach Spielende locker über die anfängliche Trägheit seiner Mannschaft hinweggesehen, denn die Zebra-Herde galoppierte nach dem 8:5 (Zeitz) so richtig los. Als Milutin Dragicevic (startete erstmals in der Liga) das 12:5 besorgt hatte, nahm Rolf Brack den guten Torwart Marinovic heraus – was vorher mit sechs gegen sechs nicht ging, sollte jetzt im Überzahlspiel funktionieren. Der zusätzliche Feldspieler ergab aber keine Torchancen, stattdessen warfen die Balinger schlicht zu schwach und ermöglichten Thierry Omeyer wie schon im letzten Spiel der Kieler zuhause gegen Balingen letzte Saison eine langen Ball ins Tor.

Der THW-Express rollte, und er sollte auch bis zum Abpfiff weiterrollen. Der Vorsprung blieb zumindest bis zum Seitenwechsel beim Stande von 17:8 noch einstellig, lange warten auf die Zehn-Tore-Führung mussten die 10.250 Zuschauer in der wie stets ausverkauften Kieler Sparkassenarena jedoch nicht, Zeitz traf nach dem Wiederanpfiff direkt zum 18:8. Balingen kämpfte zumindest um ein achtbares Resultat und als Boisedu zwölf Minuten vor dem Ende zum 31:18 traf war nicht abzusehen, dass dies der letzte Gästetreffer werden sollte. Kiel hingegen zeigte sich kompromisslos und Mannschaftskapitän Marcus Ahlm knackte dann in der Schlussminute die 40-Tore-Marke.

„Es hat alles gut funktioniert - außer der Angriff phasenweise in der ersten Halbzeit“, sagte Alfred Gislason, der nicht zu euphorischen Statements nach Spielende neigt: „Die Torhüter waren sehr gut, die Deckung war sehr gut, wir haben sehr wenige, ungewöhnlich wenige Fehler gemacht. In der zweiten Halbzeit haben wir dann mit viel Risiko gespielt - aber es hat eben alles geklappt. Das war ein Riesen-Spiel meiner Mannschaft, die Balingen zu keiner Zeit unterschätzt hat. Die heutige Leistung macht mich optimistisch für die Zukunft.“

Es wird ihm leicht gefallen sein nach einem Spiel, in dem bis auf Torwart Andreas Palicka alle Feldspieler getroffen hatten, zuzüglich Keeper Omeyer. Sein Kollege aus Balingen hatte es da schwerer, zu einem positiven Denken zu finden: „Ich habe versucht, meinen Spielern Mut einzureden - es hat nichts genutzt. 22 Tore Unterschied sind sehr heftig, wir sollten aber nicht vergessen, wo wir gespielt haben. Ich habe ein paar gute Einzelaktionen von Schlinger und Lobedank gesehen - der Rest war Schweigen“, bilanzierte Rolf Brack, der mit seiner Mannschaft weiter am Wunder Klassenerhalt arbeiten muss.

Torschützen: Zeitz (6), Jicha (6), Dragicevic (5), Sprenger (5), Ilic (5), Ahlm (3), Lundström (3), Palmarsson (3), Klein (1), Omeyer (1), Reichmann (1), Kubes (1) - Schlinger (6), Lobedank (4), Herth (2), Strobel (2), Ilitsch (1), Bürkle (1), Temelkov (1), Boisedu (1)

Siebenmeter: 3/4 - 1/1

Zeitstrafen: 3/3

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